Porträt von Jacques Mieses

Jacques Mieses wurde am 27.2.1865 in Leipzig als Sproß einer aus Brody (damals Östereich, heute Ukraine) stammenden Kaufmannsfamilie geboren. Er studierte Naturwissenschaften in seiner Vaterstadt Leipzig und in Berlin.

Bereits mit 17 Jahren gewann er die Berliner Schachmeisterschaften von 1882. Er begann 1888 mit dem 3.Palz bei einem internationalen Turnier in Leipzig seine Karriere als Schachmeister. Seinen grössten Erfolg hatte er 1907 in Wien mit dem 1. Platz.

Bis zu seiner Emigration wohnte er in der Christianstr. 19 im Waldstraßenviertel in Leipzig. Über 40 Titel zum Schachspiel verzeichnet der Katalog in der Deutschen Bücherei von ihm, darunter einige Lehr- und Handbücher des Schachs, die teilweise in den fünfziger Jahren neu verlegt und in andere Sprachen übersetzt wurden.

Mieses emigrierte 1938 mit 15 Mark in der Tasche nach England und nahm Ende der 40er Jahre die britische Staatsbürgerschaft an, weswegen er auch als erster britischer Großmeister gilt. Der erste in Großbritannien geborene Großmeister war übrigens der kürzlich verstorbene Tony Miles.

Mieses leitete eine Reihe von internationalen Turnieren als Schiedsrichter und betätigte sich auch journalistisch. Er schrieb Schachspalten und Turnierberichte für Zeitungen in ganz Europa. Wie viele Großmeister gab er auch Blind- und Simultanvorstellungen. Einmal soll er binnen fünf Tagen insgesamt 99 Blindpartien absolviert haben, von denen er 71 gewann und 28 remisierte! Auch als Organisator von Turnieren trat er in Erscheinung, z. B. 1911 in San Sebastian, wo er erstmals durchsetzte, daß die Meisterspieler für Anreise und Unterkunft nicht selber aufzukommen hatten.

Daneben war Mieses auch ein bedeutender Autor und Theoretiker, unter anderem gab er in der Nachfolge von Jean Dufresne Über mehrere Auflagen hinweg das renommierte "Lehrbuch des Schachspiels" heraus. Dieses Buch erscheint aktuell in der 29. Auflage und ist damit weltweit eines der erfolgreichsten Lehrbücher für Schach.

Sein historische ELO Wertung (ein Punktesystem zur Beurteilung eines Schachspielers) ist 2490 und lag 1905, als er zu den 10 weltbesten Spielern zählte, bei 2595. Nach ihm ist die Mieses-Eröffnung, die Mieses-Variante in der Schottischen Partie, sowie das Mieses-Gambit in der Skandinavischen Verteidigung (1.e2-e4 d7-d5 2.e4xd5 Dd8xd5 3.Sb1-c3 Dd5-a5 4.b2-b4) benannt.

Von 1888-1948 nahm der deutsche Großmeister Jacques Mieses an Schachturnieren teil. Er hält damit bis heute den Rekord "die längste Turnierzeit". 1950 verlieh ihm der Weltschachbund FIDE rückwirkend gemeinsam mit Bernstein, Boleslawsky, Bondarewsky, Botwinnik, Bronstein, Duras, Euwe, Fine, Flohr, Grünfeld, Keres, Kostic, Kotow, Löwenfisch, Lilienthal, Maroczy, Najdorf, Ragosin, Reschewsky, Rubinstein, Sümisch, Smyslow, Stahlberg, Szabo, Tartakower und Vidmar den Großmeistertitel.

Mieses blieb bis ins hohe Alter erstaunlich frisch. Jeden Tag machte er seine Freiübungen, ging noch mit 86 Jahren täglich schwimmen und machte im Hyde Park Liegestütze. Noch mit 88 Jahren nahm er an der Londoner Blitzmeisterschaft teil und hatte reges Intresse an allem, was in der Welt vorging.

Er starb kurz vor seinem 89. Geburtstag am 23.2.1954 in London.